Weiterbildung in Osteopathie

Implizite Gewalt im Spiegel der Medical Humanities

Cycle 8: Approche centrée sur la personne

2026

Referierende: Martina King, ordentliche Professorin an der Medizinischen Fakultät der Universität Freiburg, Bereich Humanities
Noëlle Revaz, Schriftstellerin und Dozentin am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel
Sarah Décaillet, Gynäkologin und Leiterin des Zentrums für sexuelle Gesundheit in Biel

Weiterbildungsdatum: Dienstag, 2. Juni 2026. 8:30-17:30

Preis: 240 CHF / StudentInen 160.-

Tagesprogramm

8:30–10:00 (auf Französisch, mit deutscher Übersetzung)
Vortrag (60 Min. + 30 Min. Fragen und Diskussion) mit Sarah Decaillet, Gynäkologin und Leiterin des Zentrums für sexuelle Gesundheit in Biel.
Sie spricht über implizite Gewalt in der Sexualität und in Paarbeziehungen sowie über deren Auswirkungen auf die Gesundheit. Sie betont, dass diese Form der Gewalt in allen sozialen Milieus vorkommt.
Dieses Thema tritt auch in der osteopathischen Praxis relativ häufig auf: Wie kann man es professionell und feinfühlig aufnehmen und interprofessionell damit arbeiten?
Der Vortrag steht im Zusammenhang mit dem Buch von Noëlle Revaz, die an der abschließenden Podiumsdiskussion teilnehmen wird.

10:30–12:00 (auf Deutsch, mit französischer Übersetzung)
Vortrag zur Anwendung der Medical Humanities im Medizinstudium mit Prof. Martina King, Ordinaria an der medizinischen Fakultät der Universität Freiburg, Bereich Medical Humanities.
Sie unterstreicht die Bedeutung der Geisteswissenschaften für eine breitere und menschlichere Perspektive in der Medizin, die ein besseres Verständnis von Krankheit, Patient:innen sowie sozialen und ethischen Implikationen ermöglicht.

12:00–13:30 Mittagspause

13:30–16:15 (auf Deutsch, mit französischer Übersetzung)
Workshop mit ausgewählten Textausschnitten zum Thema implizite Gewalt, insbesondere in Paarbeziehungen.
Martina King führt anhand zweier autobiographischer Texte in Methoden der ‚Narrativen Medizin’ ein und zeigt, wie sinnvoll die Auseinandersetzung mit Literatur für die Praxis sein kann. Aus beiden Texten, Terezia Mora: Muna oder die Hälfte des Lebens (2023) und Deniz Ohde: Ich stelle mich schlafend (2024), wird sie passende Auszüge zur Verfügung stellen und darüber mit den Teilnehmern diskutieren.

16:15–17:30 (zweisprachig)
Zweisprachige Podiumsdiskussion mit Simultanübersetzung, mit beiden Referentinnen des Tages sowie der Autorin Noëlle Revaz ("Rapport aux bêtes").

Ab 17:30 Apéro und informelle Gespräche

Übergeordnete Ziele eines Kurses in Medical Humanities für Therapeut:innen

  • Ganzheitliches Verständnis von Krankheit
    Soziale, kulturelle und persönliche Dimensionen der Krankheit erfassen, um ihre Auswirkungen auf das Leben der Patient:innen besser zu verstehen.

  • Empathie und therapeutische Beziehung stärken
    Die Fähigkeit zur Einfühlung und zum aktiven Zuhören fördern, etwa durch Literatur und Kunst.

  • Ethische Reflexion fördern
    Orientierungswissen für moralische Dilemmata in der Praxis bieten und zu reflektierten Entscheidungen befähigen.

  • Transferable Skills erwerben
    Kritisches Denken, Kommunikation und Analyse komplexer Situationen als zentrale Kompetenzen im Gesundheitswesen entwickeln.

  • Soziale Determinanten von Gesundheit verstehen
    Soziale und kulturelle Einflussfaktoren erkennen, um Prävention und Gesundheitsförderung gezielter gestalten zu können.

  • Persönliche Entwicklung fördern
    Reflexion über eigene Werte und Grenzen anregen, um Belastungen im Beruf besser begegnen zu können.

Spezifische Ziele zum Thema implizite Gewalt in Paarbeziehungen

  • Subtile Formen häuslicher Gewalt erkennen
    Implizite oder unsichtbare Gewaltformen (psychisch, verbal, ökonomisch, sexuell) im klinischen Alltag identifizieren.

  • Beziehungsdynamiken und Machtmechanismen verstehen
    Mechanismen von Abhängigkeit, Kontrolle und emotionaler Manipulation nachvollziehen.

  • Klinische Haltung und Kommunikation anpassen
    Eine sensible, nicht wertende und sichere Gesprächsatmosphäre schaffen, die Vertrauen und Offenheit ermöglicht.

  • Ethische und soziale Aspekte des Erkennens reflektieren
    Die Rolle der Fachperson zwischen Schutzauftrag und Respekt der Autonomie reflektieren.

  • Interdisziplinarität und Vernetzung fördern
    Unterstützungsangebote kennen (sozial, juristisch, psychologisch) und interprofessionell zusammenarbeiten.

    Biographie Martina King

    Medizinstudium, 15 Jahre Kinderärztin TU München. Studium der Germanistik u. Philosophie, 2008 Promotion (Göttingen) zu Rilkes Briefwerk, 2025/16 Doppelhabilitation in Germanistik und Medizingeschichte (Bern) zur Kulturgeschichte des Mikrobiellen in der Moderne.
    Seit 2018 Lehrstuhl für Medical Humanities an der Medizinisch-naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Fribourg, Ko-Optationen in Germanistik und in Zeitgeschichte.
    Seit 2021 Mitherausgeberin Zeitschrift KulturPoetik und Buchreihe Medical Humanities (Schwabe)